Heute muss ich mal die Werbetrommel rühren, weil ich mir gestern die neue Netflix Doku mit dem Titel "Hack Your Health: Secrets of Your Gut" (auf Deutsch: Hack your Health: Die Geheimnisse unserer Verdauung) angesehen habe.
Ich muss sagen: ich bin begeistert. Überwiegend erklärt Ärztin und Autorin Giulia Enders - die auch das Buch „Darm mit Charme“ geschrieben hat (ein geniales und lesenswertes Buch), wie die Welt des Darm Mikrobioms funktioniert. Auch auch andere Experten wie Forscher und Autor Tim Spector, Mikrobiologe Justin Sonnenburg, Mikrobiologin Erica Sonnenburg, Neuropsychologin Annie Gupta, Mikrobieller Ökologe Jack Gilbert und Mikrobiologe Asshish Jha kommen zu Wort. Sehr witzig und anschaulich wird mit kleinen, herzigen Filzbakterien die geheimnisvolle Welt des Darms erklärt. Da hat man die Bakterien gleich doppelt lieb. Ich jedenfalls habe am Bildschirm „geklebt“. Aber vielleicht erst einmal ein paar interessante Fakten zu deinem Darm. Wusstest du das? Darf ich vorstellen: Dein Darm (oft vernachlässigt und unterschätzt) Dein Darm ist der VIP-Bereich in deinem Bauch, der dafür sorgt, dass nur die besten Nährstoffe in deinen Blutkreislauf kommen. Dieser schlauchförmige Muskel, gefaltet wie ein Origami-Kunstwerk, besteht aus Dünn- und Dickdarm. Der Dünndarm ist das Genie, das aus komplexen Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten einfache Zucker, Aminosäuren und Fettsäuren zaubert. Dabei hilft ein Cocktail aus Verdauungssäften, Gallenflüssigkeit und Darmsekret – ein echtes Chemielabor im Miniformat. Der Dickdarm, der trägere Cousin des Dünndarms, aber genauso wichtig, kümmert sich hauptsächlich um das Recycling von Wasser und Gallensäuren und die Produktion von Vitaminen. Hier wird auch der Restmüll entsorgt – alles, was der Körper nicht braucht, geht raus. Ein paar eindrucksvolle Zahlen zum Darm
Das Mikrobiom – der Star deines inneren Ökosystems In deinem Darm lebt das Mikrobiom, ein buntes Völkchen von 100 Billionen Mikroben, die wie eine Rockband aus 500 verschiedenen Arten zusammenspielen. Jeder hat sein eigenes Mikrobiom, vererbt von Mama durch vaginale Geburt und beeinflusst durch unseren Lebensstil: was isst du? Wen hast du geküsst? Welche Orte hast du bereist? Hast du ein Haustier? Stress? Diese Mikroben sind nicht nur nützlich, sondern auch kleine Alchemisten, die Glückshormone wie Dopamin und Serotonin produzieren. Auch deine Gemütsstimmung hängt von deinem Mikrobiom ab. Karate im Immunzentrum Dein Darm ist die Kaserne deines Immunsystems. Hier werden 80 % der Immunzellen wie kleine Karatekämpfer trainiert, um dich vor fiesen Eindringlingen zu schützen. Die Darmflora hilft dabei und eine intakte Darmbarriere sorgt dafür, dass nur die Guten ins Blut gelangen. Das darmassoziierte Immunsystem (GALT) ist wie ein Geheimdienst, der Fremdstoffe markiert und eliminiert, bevor sie größeren Schaden anrichten können. Ein gesunder Darm bedeutet also ein starkes Immunsystem. No-gos für den Darm Was mag dein Darm nicht? Ganz klar: Fast Food, Zucker (auch Weißmehl Produkte), stark verarbeitete Nahrung, schlechte Fette (gesättigte Fettsäuren), Stress, Schlaf- und Bewegungsmangel, Essen schlingen und nicht ordentlich kauen sowie zu viel Snacking können deinem Darm ganz schön zusetzen. Eine gestörte Darmflora kann das Risiko für viele Krankheiten erhöhen und bestehende Probleme verschlimmern. Hier sind einige der wichtigsten: Verdauungsstörungen: Reizdarmsyndrom (RDS): Eine häufige Störung, die durch Bauchschmerzen, Blähungen und veränderte Stuhlgewohnheiten gekennzeichnet ist. Eine Dysbiose im Darm, also ein Ungleichgewicht im Darm, kann die Symptome verschlimmern. Entzündliche Darmerkrankungen (IBD): Dazu gehören Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Ein Ungleichgewicht im Mikrobiom kann zu chronischen Entzündungen und Gewebeschäden im Darm führen. Metabolische Erkrankungen: Fettleibigkeit: Es gibt Hinweise darauf, dass das Mikrobiom den Energiehaushalt und die Fettablagerung im Körper beeinflusst. Eine unausgewogene Darmflora kann zur Gewichtszunahme beitragen. Typ-2-Diabetes: Eine gestörte Darmflora kann die Insulinresistenz erhöhen und das Risiko für Typ-2-Diabetes steigern. Immunerkrankungen: Allergien: Ein ungesundes Mikrobiom kann das Immunsystem überreagieren lassen, was zu Allergien und Asthma führen kann. Autoimmunerkrankungen: Krankheiten wie rheumatoide Arthritis und Multiple Sklerose werden ebenfalls mit einer gestörten Darmflora in Verbindung gebracht. Psychische Störungen: Depressionen und Angststörungen: Die sogenannte Darm-Hirn-Achse zeigt, dass das Mikrobiom einen Einfluss auf das Gehirn und die Stimmung hat. Eine Dysbiose kann das Risiko für Depressionen und Angststörungen erhöhen. Neurologische Erkrankungen: Parkinson-Krankheit: Es wird vermutet, dass eine gestörte Darmflora die Entwicklung und den Verlauf von Parkinson beeinflussen kann. Krebs: Darmkrebs: Eine Dysbiose kann zu Entzündungen und Veränderungen in den Zellen der Darmwand führen, was das Risiko für Darmkrebs erhöhen kann. Brustkrebs (aufgepasst!): Studien haben gezeigt, dass ein gestörtes Mikrobiom das Wachstum und die Aggressivität von Brustkrebs beeinflussen kann. Wer es genauer wissen möchte, hier zwei Studien zu diesem Thema: Claire Buchta Rosean, Melanie R Rutkowski et al. Pre-existing commensal dysbiosis is a host-intrinsic regulator of tissue inflammation and tumor cell dissemination in hormone receptor-positive breast cancer. Cancer Research, 2019, canres.3464.2018 DOI: 10.1158/0008-5472.CAN-18-3464 https://cancerres.aacrjournals.org/content/79/14/3662 University of Virginia Health System, Unhealthy gut promotes spread of breast cancer: Disrupting gut bacteria had profound, sustained effects, making cancer more aggressive, ScienceDaily, 10. Juni 2019, https://www.sciencedaily.com/releases/2019/06/190610111539.htm Giulia Enders erklärt, dass hochverarbeitete Lebensmittel vom Magen und Dünndarm so schnell aufgenommen werden, dass die Verdauung als „stressiges Ereignis“ beschrieben werden kann. Dabei muss der Körper rasch mit einem starken Anstieg des Blutzuckers umgehen. Er weiß gar nicht in der Eile, wohin mit dem ganzen Zucker (Giulia Enders fuchtelt wild mit den Armen). Im Vergleich dazu verläuft die Verdauung von Obst und Gemüse mit reichlich Ballaststoffen langsamer und bietet den Darmmikroben mehr Zeit, sich an der Nahrung zu laben. Diese Mikroben sind äußerst nützlich, da sie bei der Verdauung helfen, Entzündungen reduzieren, das Immunsystem trainieren, Hormone regulieren und dem Gehirn signalisieren, ob wir satt sind. Sehr wichtig. Was mag der Darm? Dein Darm liebt Ballaststoffe, viel Wasser, regelmäßige Bewegung und wenig Stress. Hört sich nach Urlaub an. Kleine Helfer wie Anis, Kümmel, Fenchel und Bauchmassagen können bei Beschwerden Wunder wirken. So kannst du dein Mikrobiom verbessern Die wichtigste Erkenntnis ist, dass die Ernährung der entscheidende Faktor für die Vielfalt deiner mikrobiellen Gemeinschaft ist. Giulia Enders vergleicht ein gesundes Mikrobiom mit einem biodiversen Wald: Man kann nicht nur ein paar gesunde Pflanzen einsetzen und erwarten, dass sich alles ändert. Ein Wald benötigt ein Gleichgewicht aus Pflanzen, Licht, Wasser und Nährstoffen, um zu funktionieren. Ähnlich brauchen Darmmikroben täglich eine gewisse Menge an Ballaststoffen aus Obst und Gemüse, um zu gedeihen. Die DGE empfiehlt 30 g Ballaststoffe pro Tag, mehr als die meisten Menschen zu sich nehmen, in der Regel um die 20 g. Hochverarbeitete Lebensmittel enthalten oft kaum Ballaststoffe. Was passiert, wenn du nicht genug Ballaststoffe isst? Der Mikrobiologe Justin Sonnenburg sagt in der Doku: „Wenn du deine Darmmikroben nicht mit genügend Ballaststoffen versorgst, beginnen sie, dich zu essen“. Giulia Enders erklärt weiter, dass eine schützende Schleimschicht zwischen den Darmwänden und dem Blutkreislauf liegt, die den Nährstoffaustausch ermöglicht, aber auch die Mikroben zurückhält. Wenn den Mikroben jedoch die Nahrung ausgeht, fangen sie an, die Schleimschicht zu verzehren, was zu chronischen Entzündungen und Autoimmunerkrankungen führen kann. Leaky Gut lässt grüßen. Um ein vielfältigeres Mikrobiom zu erreichen, sollte man langsam eine größere Vielfalt an pflanzlichen Lebensmitteln in die Ernährung einführen. Dein Darm mag es - wie die Welt nun mal ist - bunt und vielfältig. 🌈 Vielfalt in der Ernährung ist das A und O für die Darmgesundheit „Jeden Tag denselben Grünkohlsalat zu essen, ist nicht so gesund, wie man denkt. Je vielfältiger deine Ernährung, desto reicher wird dein Mikrobiom und desto mehr Bakterienarten sind in deinem Darm vorhanden“, erklärt Jack Gilbert, mikrobielle Ökologe an der University of California San Diego. Mikrobielle Vielfalt im Darm ist mit besserer Darmgesundheit und Gesundheit im Allgemeinen verbunden. Der Verzehr von Vollwertkost mit Proteinen, Fetten und Kohlenhydraten, stellt sicher, dass du eine breite Palette an Nährstoffen erhältst, die für die allgemeine Gesundheit und eine optimale Darmfunktion notwendig sind. „Es geht nicht darum, Dinge einzuschränken“, fügt Tim Spector, genetischer Epidemiologe am King’s College London, hinzu. „Es geht darum, deine Auswahl an möglichen Lebensmitteln zu erweitern.“ Und hier der Kicker... Dr. Annie Gupta hat einen einfachen, aber den Non-plus-ultra Ratschlag: Zählen! Ihr Mantra lautet: ABC - Always be counting. Aber keine Kalorien. Sie empfiehlt, jede Woche 20 - 30 Darmschmeichler in den Ernährungsplan einzubauen. Also 20 - 30 verschiedenes Obst und Gemüse. Die Zahl hat mich zunächst ehrlich gesagt erschreckt. Ich fragte mich, schaffe ich das, pro Woche 20 - 30 verschiedene darmfreundliche Nahrungsmittel zu mir zu nehmen? Ich weiß nicht, wie dir es damit geht, aber ich musste das sofort durchrechnen und habe mir aufgeschrieben, was ich so im Laufe der Woche zu mir genommen habe. Dabei bin ich auf 18 gekommen. Nun ja, auch bei einer Gesundheitsberaterin ist da wohl noch Luft nach oben. Wie kann das gehen mit den 20 -30 darmfreundlichen Nahrungsmittel? Hier ein paar Ideen (die ich wohl auch beherzigen sollte), wie du Abwechslung und eben die 20 - 30 verschiedenen Darmschmeichler in deinen Speiseplan bringen kannst: Frühstück
Mittagessen
Snack
Abendessen
Was noch?
So schaffen wir locker die empfohlenen 20 - 30 Darmschmeichler die Woche. Fazit Ich weiß nicht, wie es dir ergeht, aber mich inspirieren solche Dokus wie auch "Hack Your Health: The Secrets of Your Gut" total. Es zeigt mir immer wieder, wie einfach es doch sein kann, sich etwas um die eigene Gesundheit zu kümmern und vor allem welche Vorzüge das für meinen Körper hat. Warum machen wir alles so kompliziert? Wer hat damit angefangen, uns vorzuschreiben, welche Ernährungsweise die Richtige ist? Muss doch gar nicht sein. Und wir müssen auch nicht der letzten Diät und Ernährungsempfehlung hinterher rennen, um letzten Endes zu erkennen, dass wir das im hektischen Alltag nicht aufrecht erhalten können. Manchmal wünsche ich mir, in einer Zeitmaschine zurück in meine Kindheit zu reisen und zu fühlen und zu schmecken, wie es damals war, was wir gegessen haben (ja, Toast Hawaii und Flair - wer erinnert sich? - gehörte dazu).
Ich glaube, mit den wenigen und einfachen Regeln fährt man schon ganz gut. Auch finde ich die Erkenntnis großartig, sein Nahrungsrepertoire zu erweitern anstelle es einzuengen. Denn kommt mehr Gutes, wird das Schlechte verdrängt. So verhält es sich auch übrigens mit den Darmbakterien: die guten Darmbakterien verdrängen die schlechten Darmbakterien. Unser Mikrobiom kann sich binnen 24 Stunden nach dem Essen verändern - je nachdem was wir gegessen haben - entweder in die eine oder die andere Richtung. Das entscheiden wir ganz allein. Wieviele Darmschmeichler schaffst du die Woche? Erzähle es mir, ich bin gespannt. Comments are closed.
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