Heute bin ich wieder über einen interessanten Artikel in der Apotheken Umschau (Mai 2022) gestolpert. Es geht um das Immunsystem, wie es funktioniert, wie es geschwächt wird, aber auch wie man es stärken kann. In einem Interview wird Frau Prof. Dr. Eva Peters unter anderem gefragt, ob Stress auch bei Krebserkrankungen eine Rolle spielen könnte. Ja, sagt sie, das könnte es und weist auf eine Studie hin, bei der Menschen mit einem Melanom (also schwarzen Hautkrebs), die zusätzlich eine Psychotherapie erhalten hätten, weniger Rückfallquoten und eine bessere Prognose hatten als die Patienten ohne psychologische Betreuung. Das Immunsystem würde durch Stress geschwächt und hätte keine Ressourcen für Reparaturarbeiten, beispielsweise um Krebszellen zu beseitigen. Frau Prof. Eva Peters ist Psychoneuroimmunologin und beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen der Psyche, des Nervensystems und des Immunsystems. Längst hat man erkannt, dass Körper, Geist und Seele unmittelbar miteinander verbunden sind und gegenseitige Wechselwirkungen haben. Das Immunsystem arbeitet demnach nicht unabhängig, sondern interagiert mit anderen Systemen des Körpers. Noch vor etlichen Jahren war in der Medizinwelt die Annahme, dass Stress etwas mit Erkrankungen zu tun haben könnte, undenkbar. Der Körper wurde seit der Neuzeit der Medizin eher wie eine Maschine betrachtet und entsprechend behandelt, den man „mechanisch = chirurgisch“ reparieren konnte und wo „Teile“ ausgetauscht und ersetzt werden konnten. Zum Glück gibt es hier seit einiger Zeit ein Umdenken. Die Psychoneuroimmunogie (PNI) ist ein recht junges neues medizinisches Fachgebiet. Insbesondere wird die Auswirkung von Stress auf das Immunsystem erforscht. Wir alle wissen längst, dass sich Stress auf den Körper auswirkt. Wir kennen das Gefühl, vor einer Prüfung aufgeregt zu sein, beim ersten Kuss Herzklopfen zu haben oder so viele Dinge im Alltag erledigen zu müssen, dass wir in Zeitnot geraten und uns total gehetzt und überfordert fühlen. Hin und wieder Stress zu haben ist völlig o.k. und ist unser genetisches Programm, das sich bei unseren Vor-Vor-Vorfahren sehr bewährt hat. Stichwort: Säbelzahntiger. Bei Gefahr werden im Körper Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol ausgeschüttet. Dadurch ist man auf Knopfdruck leistungsbereit, der „Kampf-Flucht Reflex“ ist aktiviert. Dein Herz schlägt schneller, du atmest schneller, deine Verdauung wird eingestellt, deine Leber stellt Glucose als Energie für deine Muskeln bereit, deine Pupillen sind erweitert und dein Schmerzempfinden ist herabgesetzt. Alles Dinge, damit du entweder kämpfen oder wegrennen kannst. Wenn die Gefahr gebannt ist, beruhigt sich der Körper auch schnell wieder und alle eingestellten Körperfunktionen laufen wieder an. Problematisch wird es erst, wenn der Stress chronisch wird. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Stress als größtes Gesundheitsrisiko des 21. Jahrhunderts benannt. Die Säbelzahntiger sind längst ausgestorben, aber Stress begegnet uns in vielen Facetten und und verschiedenen Lebenslagen: am Arbeitsplatz durch Überforderung, Zeitdruck oder Versagensängste, im privaten Umfeld durch Konflikte in der Familie, Reizüberflutung durch Social Media und Smartphone, ständig präsent und erreichbar zu sein oder durch Doppelbelastung, Familie und Job unter einen Hut zu bringen. Erschöpfung, Burn-out oder eine Depression sind nicht selten Folgen von anhaltendem Stress. Im Rahmen der Forschung in der Psychoneuroimmunologie hat man festgestellt, dass interessanterweise akuter Stress, also kurzzeitiger Stress immun-stimulierend wirkt. Der Körper wird für kurze Zeit leistungsfähiger und die natürlichen Killerzellen werden aktiver. Dagegen schwächt chronischer Stress die Immunabwehr. Hier gehen Forscher der Frage nach, welche Rolle Stress bei der Entstehung von Erkrankungen spielt. Sie fanden heraus, dass chronischer Stress die Aktivität der natürlichen Killerzellen herabsenkt, was zu einem schlechteren Immunschutz führt. Ein schlechter Immunschutz erhöht wiederum das Risiko für Entzündungen im Körper. Autoimmunerkrankungen und vielleicht auch Krebs könnten begünstigt werden. Natürlich spielen beim Krebs viele Faktoren eine Rolle. Man kann nicht unbedingt sagen, nur weil ich Stress hatte, habe ich Krebs bekommen. Ich glaube, so einfach ist das nicht. Aber ich habe trotzdem bei Frauen mit Brustkrebs (mich eingeschlossen) schon die Beobachtung gemacht, dass Emotionen lange unterdrückt wurden, toxische Beziehungen bestanden (sei es Partner:in oder in der Familie) oder dass Frau immer für alle anderen Menschen in ihrem Umfeld da war, aber sie sich nicht um sich selbst und ihre Bedürfnisse gekümmert hat. Kommt dir das bekannt vor? Meine Erfahrung: Ich hatte in den Jahren vor meiner Brustkrebs Diagnose mächtigen Stress: Tod meines Vaters mit emotionalen Verstrickungen, einen Jobwechsel verbunden mit Mobbing, zurück in den alten Job, Überstunden, Doppelbelastung Job und Familie… Die Liste ist lang. Ich habe mich lange nicht um mich und meine Erholung vom Stress gekümmert. Ob mir das den Brustkrebs gebracht hat? Keine Ahnung. Würde aber im Umkehrschluss auch bedeuten, dass ich „Schuld“ an meinem Krebs hätte. Das lasse ich nicht zu. Nichts und niemand hat Schuld. Aber ich achte nun mehr darauf, mein Immunsystem stark zu machen - mich ausgewogen zu ernähren, regelmäßig zu bewegen, Ruhe-Inseln in den Alltag einzubauen, Vitamin D3/K2 und mich und meine Bedürfnisse wichtig zu nehmen. Dazu später mehr. Psychoneuroimmunologen:innen fordern ein Umdenken in der Medizin, da klar ist, dass Körper und Psyche untrennbar miteinander verbunden ist. Diese Erkenntnis hat sich in der Integrativen Medizin niedergeschlagen. In der integrativen Medizin werden schulmedizinische Verfahren mit wissenschaftlich gut untersuchten Heilverfahren kombiniert. Der Patient wird hier nicht auf ein krankes Organ reduziert, sondern Körper und Geist werden ganzheitlich betrachtet. Der Mensch mit all seinen Ressourcen steht im Mittelpunkt. Die Selbstregulation bzw. Selbstheilungskräfte sollen dabei unterstützt werden. Das kann mittels Lebenstilveränderungen und Naturheilkunde erfolgen, aber auch die Stärkung der Arzt-Patienten-Beziehung, Gesundheitsförderung und Prävention spielen eine erhebliche Rolle. So gehen schon einige Brustzentren in der Brustkrebsbehandlung einen integrativen Weg. Ein Beispiel ist das Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe in Berlin. Hier werden neben der klassischen Schulmedizin wie Operation, Chemo und Bestrahlung, auch die Misteltherapie, Heileurythmie, Rhythmische Massage und Mal- und Musiktherapie in die Behandlung mit einbezogen. Auch die Psyche kommt nicht zu kurz: die erkrankten Frauen werden speziell psychologisch betreut und mit einer Pflegetherapie zusätzlich unterstützt. Pflegetherapie ist „Hilfe zur Selbsthilfe“. Die Patientinnen werden angeleitet, Verrichtungen des täglichen Lebens selbständig bewältigen zu können. Das erfolgt in der Regel nach dem Bobath-Konzept: eine verloren gegangene Bewegungsfähigkeit wird wieder erlernt, sodass die Patientin alltägliche Tätigkeiten ohne Hilfe verrichten kann. Damit sollen Schmerzen und Versteifungen vermieden werden. Gerade nach einer Brust OP sehr wichtig, wie ich meine, um die Schulter-Arm Beweglichkeit zu fördern. Quelle: Hufelandgesellschaft e.V. (Ärztlicher Dachverband für Integrative Medizin)
https://www.hufelandgesellschaft.de/integrative-medizin/gute-beispiele Zurück zur Psychoneuroimmunologie und dem Stress. Wussten wir es doch schon immer, wie immens wichtig es zu sein scheint, chronischen Stress zu vermeiden. Nicht nur fürs Wohlbefinden, sondern auch um unseren natürlichen Killerzellen aktiv zu halten (damit sich nicht noch einmal unbemerkt der „crappy cancer“ breit macht). Aber wie schaffen wir das? Oft merken wir schon nicht mehr, wann wir über das Stress-Ziel hinausgeschossen sind. Der Alltag lässt meistens keine Gelegenheit dazu. Gerade dann ist es wichtig, sich kleine Ruhe-Inseln zu gönnen, um in sich hineinzuhorchen, wie es einem so gerade geht. Vielleicht auch den Tag Revue passieren lassen: was war gut? was ist nicht so gut gelaufen? Wo gab es stressige Situationen? Sich stressige Situationen bewusst zu machen, ist schon der erste Schritt. Vielleicht lässt sich dagegen etwas unternehmen? Zum Beispiel entschleunigen. Den Tag nicht mit Terminen voll zu stopfen, nicht auf hundert Hochzeiten zu tanzen, nicht immer HIER zu schreien, wenn im Job Projekte vergeben werden (auch die Geburtstagsfeier der Kollegin oder den Betriebsausflug zu organisieren). Vielleicht auch Aufgaben einfach delegieren, auch im privaten Bereich (ja, auch Kids können Wäsche aufhängen oder den Geschirrspüler ausräumen ;-). Was hilft sonst noch gegen Dauerstress? Meine TOP 9:
Hier noch zwei tolle Bücher, die ich dir sehr empfehlen kann, wenn du dich mit integrativer Medizin und unseren Selbstheilungskräften beschäftigen möchtest:
Quellen (aufgerufen am 20.5.22 und 21.5.22): Apotheken Umschau, „Wer gestresst ist, erkrankt heftiger und schneller“, Interview mit Frau Prof. Dr. Eva Peters, Ausgabe 1.05.22 https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/psychische-krankheiten/wer-gestresst-ist-erkrankt-heftiger-und-schneller-859191.html?utm_source=print&utm_medium=schlusspunkt&utm_campaign=aa22-05_024-027&utm_id=859191 Interview mit Prof. Dr. Tobias Esch: https://www.7mind.de/magazin/tobias-esch-werde-wieder-zum-experten-fuer-deine-gesundheit https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/medizin/psychosomatik/psychoneuroimmunologie-100.html (aufgerufen am 19.5.22) https://www.hufelandgesellschaft.de/integrative-medizin https://www.hufelandgesellschaft.de/integrative-medizin/gute-beispiele https://www.havelhoehe.de/brustkrebs.html Comments are closed.
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