Heute muss ich mal die Werbetrommel rühren, weil ich mir gestern die neue Netflix Doku mit dem Titel "Hack Your Health: Secrets of Your Gut" (auf Deutsch: Hack your Health: Die Geheimnisse unserer Verdauung) angesehen habe.
Ich muss sagen: ich bin begeistert. Überwiegend erklärt Ärztin und Autorin Giulia Enders - die auch das Buch „Darm mit Charme“ geschrieben hat (ein geniales und lesenswertes Buch), wie die Welt des Darm Mikrobioms funktioniert. Auch auch andere Experten wie Forscher und Autor Tim Spector, Mikrobiologe Justin Sonnenburg, Mikrobiologin Erica Sonnenburg, Neuropsychologin Annie Gupta, Mikrobieller Ökologe Jack Gilbert und Mikrobiologe Asshish Jha kommen zu Wort. Sehr witzig und anschaulich wird mit kleinen, herzigen Filzbakterien die geheimnisvolle Welt des Darms erklärt. Da hat man die Bakterien gleich doppelt lieb. Ich jedenfalls habe am Bildschirm „geklebt“. Aber vielleicht erst einmal ein paar interessante Fakten zu deinem Darm. Wusstest du das? Darf ich vorstellen: Dein Darm (oft vernachlässigt und unterschätzt) Dein Darm ist der VIP-Bereich in deinem Bauch, der dafür sorgt, dass nur die besten Nährstoffe in deinen Blutkreislauf kommen. Dieser schlauchförmige Muskel, gefaltet wie ein Origami-Kunstwerk, besteht aus Dünn- und Dickdarm. Der Dünndarm ist das Genie, das aus komplexen Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten einfache Zucker, Aminosäuren und Fettsäuren zaubert. Dabei hilft ein Cocktail aus Verdauungssäften, Gallenflüssigkeit und Darmsekret – ein echtes Chemielabor im Miniformat. Der Dickdarm, der trägere Cousin des Dünndarms, aber genauso wichtig, kümmert sich hauptsächlich um das Recycling von Wasser und Gallensäuren und die Produktion von Vitaminen. Hier wird auch der Restmüll entsorgt – alles, was der Körper nicht braucht, geht raus. Ein paar eindrucksvolle Zahlen zum Darm
Das Mikrobiom – der Star deines inneren Ökosystems In deinem Darm lebt das Mikrobiom, ein buntes Völkchen von 100 Billionen Mikroben, die wie eine Rockband aus 500 verschiedenen Arten zusammenspielen. Jeder hat sein eigenes Mikrobiom, vererbt von Mama durch vaginale Geburt und beeinflusst durch unseren Lebensstil: was isst du? Wen hast du geküsst? Welche Orte hast du bereist? Hast du ein Haustier? Stress? Diese Mikroben sind nicht nur nützlich, sondern auch kleine Alchemisten, die Glückshormone wie Dopamin und Serotonin produzieren. Auch deine Gemütsstimmung hängt von deinem Mikrobiom ab. Karate im Immunzentrum Dein Darm ist die Kaserne deines Immunsystems. Hier werden 80 % der Immunzellen wie kleine Karatekämpfer trainiert, um dich vor fiesen Eindringlingen zu schützen. Die Darmflora hilft dabei und eine intakte Darmbarriere sorgt dafür, dass nur die Guten ins Blut gelangen. Das darmassoziierte Immunsystem (GALT) ist wie ein Geheimdienst, der Fremdstoffe markiert und eliminiert, bevor sie größeren Schaden anrichten können. Ein gesunder Darm bedeutet also ein starkes Immunsystem. No-gos für den Darm Was mag dein Darm nicht? Ganz klar: Fast Food, Zucker (auch Weißmehl Produkte), stark verarbeitete Nahrung, schlechte Fette (gesättigte Fettsäuren), Stress, Schlaf- und Bewegungsmangel, Essen schlingen und nicht ordentlich kauen sowie zu viel Snacking können deinem Darm ganz schön zusetzen. Eine gestörte Darmflora kann das Risiko für viele Krankheiten erhöhen und bestehende Probleme verschlimmern. Hier sind einige der wichtigsten: Verdauungsstörungen: Reizdarmsyndrom (RDS): Eine häufige Störung, die durch Bauchschmerzen, Blähungen und veränderte Stuhlgewohnheiten gekennzeichnet ist. Eine Dysbiose im Darm, also ein Ungleichgewicht im Darm, kann die Symptome verschlimmern. Entzündliche Darmerkrankungen (IBD): Dazu gehören Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Ein Ungleichgewicht im Mikrobiom kann zu chronischen Entzündungen und Gewebeschäden im Darm führen. Metabolische Erkrankungen: Fettleibigkeit: Es gibt Hinweise darauf, dass das Mikrobiom den Energiehaushalt und die Fettablagerung im Körper beeinflusst. Eine unausgewogene Darmflora kann zur Gewichtszunahme beitragen. Typ-2-Diabetes: Eine gestörte Darmflora kann die Insulinresistenz erhöhen und das Risiko für Typ-2-Diabetes steigern. Immunerkrankungen: Allergien: Ein ungesundes Mikrobiom kann das Immunsystem überreagieren lassen, was zu Allergien und Asthma führen kann. Autoimmunerkrankungen: Krankheiten wie rheumatoide Arthritis und Multiple Sklerose werden ebenfalls mit einer gestörten Darmflora in Verbindung gebracht. Psychische Störungen: Depressionen und Angststörungen: Die sogenannte Darm-Hirn-Achse zeigt, dass das Mikrobiom einen Einfluss auf das Gehirn und die Stimmung hat. Eine Dysbiose kann das Risiko für Depressionen und Angststörungen erhöhen. Neurologische Erkrankungen: Parkinson-Krankheit: Es wird vermutet, dass eine gestörte Darmflora die Entwicklung und den Verlauf von Parkinson beeinflussen kann. Krebs: Darmkrebs: Eine Dysbiose kann zu Entzündungen und Veränderungen in den Zellen der Darmwand führen, was das Risiko für Darmkrebs erhöhen kann. Brustkrebs (aufgepasst!): Studien haben gezeigt, dass ein gestörtes Mikrobiom das Wachstum und die Aggressivität von Brustkrebs beeinflussen kann. Wer es genauer wissen möchte, hier zwei Studien zu diesem Thema: Claire Buchta Rosean, Melanie R Rutkowski et al. Pre-existing commensal dysbiosis is a host-intrinsic regulator of tissue inflammation and tumor cell dissemination in hormone receptor-positive breast cancer. Cancer Research, 2019, canres.3464.2018 DOI: 10.1158/0008-5472.CAN-18-3464 https://cancerres.aacrjournals.org/content/79/14/3662 University of Virginia Health System, Unhealthy gut promotes spread of breast cancer: Disrupting gut bacteria had profound, sustained effects, making cancer more aggressive, ScienceDaily, 10. Juni 2019, https://www.sciencedaily.com/releases/2019/06/190610111539.htm Giulia Enders erklärt, dass hochverarbeitete Lebensmittel vom Magen und Dünndarm so schnell aufgenommen werden, dass die Verdauung als „stressiges Ereignis“ beschrieben werden kann. Dabei muss der Körper rasch mit einem starken Anstieg des Blutzuckers umgehen. Er weiß gar nicht in der Eile, wohin mit dem ganzen Zucker (Giulia Enders fuchtelt wild mit den Armen). Im Vergleich dazu verläuft die Verdauung von Obst und Gemüse mit reichlich Ballaststoffen langsamer und bietet den Darmmikroben mehr Zeit, sich an der Nahrung zu laben. Diese Mikroben sind äußerst nützlich, da sie bei der Verdauung helfen, Entzündungen reduzieren, das Immunsystem trainieren, Hormone regulieren und dem Gehirn signalisieren, ob wir satt sind. Sehr wichtig. Was mag der Darm? Dein Darm liebt Ballaststoffe, viel Wasser, regelmäßige Bewegung und wenig Stress. Hört sich nach Urlaub an. Kleine Helfer wie Anis, Kümmel, Fenchel und Bauchmassagen können bei Beschwerden Wunder wirken. So kannst du dein Mikrobiom verbessern Die wichtigste Erkenntnis ist, dass die Ernährung der entscheidende Faktor für die Vielfalt deiner mikrobiellen Gemeinschaft ist. Giulia Enders vergleicht ein gesundes Mikrobiom mit einem biodiversen Wald: Man kann nicht nur ein paar gesunde Pflanzen einsetzen und erwarten, dass sich alles ändert. Ein Wald benötigt ein Gleichgewicht aus Pflanzen, Licht, Wasser und Nährstoffen, um zu funktionieren. Ähnlich brauchen Darmmikroben täglich eine gewisse Menge an Ballaststoffen aus Obst und Gemüse, um zu gedeihen. Die DGE empfiehlt 30 g Ballaststoffe pro Tag, mehr als die meisten Menschen zu sich nehmen, in der Regel um die 20 g. Hochverarbeitete Lebensmittel enthalten oft kaum Ballaststoffe. Was passiert, wenn du nicht genug Ballaststoffe isst? Der Mikrobiologe Justin Sonnenburg sagt in der Doku: „Wenn du deine Darmmikroben nicht mit genügend Ballaststoffen versorgst, beginnen sie, dich zu essen“. Giulia Enders erklärt weiter, dass eine schützende Schleimschicht zwischen den Darmwänden und dem Blutkreislauf liegt, die den Nährstoffaustausch ermöglicht, aber auch die Mikroben zurückhält. Wenn den Mikroben jedoch die Nahrung ausgeht, fangen sie an, die Schleimschicht zu verzehren, was zu chronischen Entzündungen und Autoimmunerkrankungen führen kann. Leaky Gut lässt grüßen. Um ein vielfältigeres Mikrobiom zu erreichen, sollte man langsam eine größere Vielfalt an pflanzlichen Lebensmitteln in die Ernährung einführen. Dein Darm mag es - wie die Welt nun mal ist - bunt und vielfältig. 🌈 Vielfalt in der Ernährung ist das A und O für die Darmgesundheit „Jeden Tag denselben Grünkohlsalat zu essen, ist nicht so gesund, wie man denkt. Je vielfältiger deine Ernährung, desto reicher wird dein Mikrobiom und desto mehr Bakterienarten sind in deinem Darm vorhanden“, erklärt Jack Gilbert, mikrobielle Ökologe an der University of California San Diego. Mikrobielle Vielfalt im Darm ist mit besserer Darmgesundheit und Gesundheit im Allgemeinen verbunden. Der Verzehr von Vollwertkost mit Proteinen, Fetten und Kohlenhydraten, stellt sicher, dass du eine breite Palette an Nährstoffen erhältst, die für die allgemeine Gesundheit und eine optimale Darmfunktion notwendig sind. „Es geht nicht darum, Dinge einzuschränken“, fügt Tim Spector, genetischer Epidemiologe am King’s College London, hinzu. „Es geht darum, deine Auswahl an möglichen Lebensmitteln zu erweitern.“ Und hier der Kicker... Dr. Annie Gupta hat einen einfachen, aber den Non-plus-ultra Ratschlag: Zählen! Ihr Mantra lautet: ABC - Always be counting. Aber keine Kalorien. Sie empfiehlt, jede Woche 20 - 30 Darmschmeichler in den Ernährungsplan einzubauen. Also 20 - 30 verschiedenes Obst und Gemüse. Die Zahl hat mich zunächst ehrlich gesagt erschreckt. Ich fragte mich, schaffe ich das, pro Woche 20 - 30 verschiedene darmfreundliche Nahrungsmittel zu mir zu nehmen? Ich weiß nicht, wie dir es damit geht, aber ich musste das sofort durchrechnen und habe mir aufgeschrieben, was ich so im Laufe der Woche zu mir genommen habe. Dabei bin ich auf 18 gekommen. Nun ja, auch bei einer Gesundheitsberaterin ist da wohl noch Luft nach oben. Wie kann das gehen mit den 20 -30 darmfreundlichen Nahrungsmittel? Hier ein paar Ideen (die ich wohl auch beherzigen sollte), wie du Abwechslung und eben die 20 - 30 verschiedenen Darmschmeichler in deinen Speiseplan bringen kannst: Frühstück
Mittagessen
Snack
Abendessen
Was noch?
So schaffen wir locker die empfohlenen 20 - 30 Darmschmeichler die Woche. Fazit Ich weiß nicht, wie es dir ergeht, aber mich inspirieren solche Dokus wie auch "Hack Your Health: The Secrets of Your Gut" total. Es zeigt mir immer wieder, wie einfach es doch sein kann, sich etwas um die eigene Gesundheit zu kümmern und vor allem welche Vorzüge das für meinen Körper hat. Warum machen wir alles so kompliziert? Wer hat damit angefangen, uns vorzuschreiben, welche Ernährungsweise die Richtige ist? Muss doch gar nicht sein. Und wir müssen auch nicht der letzten Diät und Ernährungsempfehlung hinterher rennen, um letzten Endes zu erkennen, dass wir das im hektischen Alltag nicht aufrecht erhalten können. Manchmal wünsche ich mir, in einer Zeitmaschine zurück in meine Kindheit zu reisen und zu fühlen und zu schmecken, wie es damals war, was wir gegessen haben (ja, Toast Hawaii und Flair - wer erinnert sich? - gehörte dazu).
Ich glaube, mit den wenigen und einfachen Regeln fährt man schon ganz gut. Auch finde ich die Erkenntnis großartig, sein Nahrungsrepertoire zu erweitern anstelle es einzuengen. Denn kommt mehr Gutes, wird das Schlechte verdrängt. So verhält es sich auch übrigens mit den Darmbakterien: die guten Darmbakterien verdrängen die schlechten Darmbakterien. Unser Mikrobiom kann sich binnen 24 Stunden nach dem Essen verändern - je nachdem was wir gegessen haben - entweder in die eine oder die andere Richtung. Das entscheiden wir ganz allein. Wieviele Darmschmeichler schaffst du die Woche? Erzähle es mir, ich bin gespannt. Schwanger nach Brustkrebs: Drei Viertel der Betroffenen werden nach der Diagnose schwanger
Eine neue Studie gibt Hoffnung für Frauen, die nach einer Brustkrebsdiagnose (Stadium I bis III) schwanger werden möchten. Laut dieser Studie, präsentiert von Kimia Sorouri vom Dana-Farber Cancer Institute, gelingt es fast drei Viertel der betroffenen Frauen, schwanger zu werden. Die Studie ist besonders bedeutend, weil sie die erste ihrer Art ist, die über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren nachbeobachtet wurde und Patientinnen mit verschiedenen Brustkrebssubtypen einschloss. Studienüberblick: 1.213 Frauen, diagnostiziert zwischen 2006 und 2016, nahmen teil. Sie waren zum Zeitpunkt der Diagnose 40 Jahre oder jünger. Ausgeschlossen waren Frauen mit metastasiertem Brustkrebs. Ergebnisse:
Einflussfaktoren:
Keine Rolle spielten:
Bedeutung der Studie: Diese Ergebnisse sind von großer Bedeutung für die Beratung jüngerer Brustkrebspatientinnen. Sie unterstreichen, wie wichtig der Zugang zu Maßnahmen zur Erhaltung der Fruchtbarkeit ist. Auf jeden Fall schenkt die Studie vielen Frauen nach einer Brustkrebsdiagnose neue Hoffnung, eine Familie zu planen. Quelle: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/151657/Schwangerschaft-nach-Brustkrebs-ist-moeglich?rt=f960175a835d01443f984775708f038d (aufgerufen am 04.06.2024) Das habe ich heute bei aerzteblatt.de gelesen und dachte, ich teile das mal mit euch:
Eine neue Studie aus Skandinavien, veröffentlicht im New England Journal of Medicine, zeigt, dass bei Frauen im frühen Stadium von Brustkrebs, wenn im Ultraschall keine verdächtigen Lymphknoten gefunden werden, eine Operation zur Entfernung von Lymphknoten in der Achselhöhle vermieden werden kann, selbst wenn in den sogenannten Wächterlymphknoten bis zu 2 Metastasen entdeckt werden. Diese Erkenntnis beruht auf der langjährigen Entwicklung in der Behandlung von Brustkrebs. Früher wurden alle Frauen, bei denen Tumorzellen in den Wächterlymphknoten gefunden wurden, einer umfassenden Operation unterzogen. Doch seit den 1990er-Jahren hat sich dies geändert, besonders nach der Z0011-Studie des American College of Surgeons Oncology Group im Jahr 2011 und der AMAROS-Studie der European Organization for Research and Treatment of Cancer 2014. Die neue SENOMAC-Studie, gestartet vom Karolinska Institut in Stockholm, bestätigt diese Entwicklung. Über 2500 Frauen mit frühem Brustkrebs nahmen teil. Diejenigen, bei denen im Ultraschall keine verdächtigen Lymphknoten gefunden wurden, aber in den Wächterlymphknoten bis zu 2 Metastasen entdeckt wurden, wurden randomisiert entweder einer Lymphknotenentfernung in der Achselhöhle unterzogen oder nicht. Die Ergebnisse zeigen, dass das Fehlen der Lymphknotenentfernung die Überlebensrate nach 5 Jahren nicht verschlechterte. Interessanterweise wurden bei Frauen, die sich der Entfernung unterzogen hatten, in vielen Fällen auch entfernte Metastasen gefunden, was darauf hindeutet, dass diese Metastasen auch bei Frauen ohne Entfernung vorhanden sein könnten. Zusammenfassend zeigt die SENOMAC-Studie, dass bei Frauen mit frühem Brustkrebs und bis zu 2 Metastasen in den Wächterlymphknoten, aber ohne verdächtige Lymphknoten im Ultraschall, auf die komplette Entfernung der Lymphknoten in der Achselhöhle verzichtet werden kann. Die Studie bestätigt, dass der Verzicht auf diese Operation die Überlebensrate nicht beeinträchtigt und möglicherweise unnötige invasive Eingriffe und damit verbundene Komplikationen vermeidet. Gelesen am 27.04.24 bei aerzteblatt.de https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/150451/Brustkrebs-Axilladissektion-bei-bis-zu-zwei-Metastasen-im-Waechterlymphknoten-verzichtbar?rt=f960175a835d01443f984775708f038d Weitere Quellen: https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2313487 Vielleicht erinnerst du dich noch, als ich im November 2022 über den PINK! Online Kongress berichtet hatte und eine kleine Zusammenfassung darüber gemacht habe. Nun gibt es in der aktuellen Ausgabe des PINK! Magazins ein Interview mit mir ☺️. Das ist für mich eine sehr große Ehre und hat mich sehr gefreut - An der Stelle ein großes Dankeschön an Frau Prof. Dr. Pia Wülfing und dem PINK! Team! 🙏 "Je mehr wir wissen und uns informieren, desto bessere Entscheidungen können wir treffen."
Interview mit Diana Neumann. 23.02.2023 Diana Neumann erkrankte 2013 selbst an Brustkrebs. Heute teilt die selbsternannte ‚Brustkrebslotsin‘ ihre Erfahrungen mit anderen Betroffenen und setzt dabei auf Aufklärung in Form von Selbsthilfe. Wir haben mit Diana fürs PINK! Magazin über ihre Erfahrungen und ihren persönlichen Werkzeugkoffer während ihrer Behandlung gesprochen und sie verrät, warum es für eine bessere Aufklärung bei Brustkrebs aus ihrer Sicht noch viel zu tun gibt. In deinem Blog klärst du nicht nur auf, sondern machst auch Mut und bietest kostenlose Hilfe zur Selbsthilfe an. Was ist deine Intention, warum tust du das? Als ich im Jahr 2013 die Diagnose Brustkrebs erhalten habe, bin ich – wie jede von uns, die betroffen ist – in ein tiefes Loch gefallen. Und obwohl mich meine Familie in der schweren Zeit sehr getragen hat, hatte ich das Gefühl, allein zu sein. Die gutgemeinten Aufmunterungen wie „Du schaffst das schon“ haben mir nicht wirklich geholfen. Als meine Akutbehandlung beendet war und ich wieder arbeiten ging, reifte in mir immer mehr der Gedanke, etwas „Sinnvolles“ tun zu wollen. Ich erinnerte mich an ein Schlüsselerlebnis, das ich im Brustzentrum hatte, als ich nach der Implantat-OP auf meine Papiere wartete. Eine Frau beobachtete mich. Mit meinem Mützchen auf dem Kopf war offensichtlich, dass ich keine Haare hatte. Sie fasste wohl ihren Mut zusammen und sprach mich an. Ob ich Chemo gemacht hätte und wie schlimm es wäre, wollte sie wissen. Ich lächelte sie an und sagte ihr, dass es schlechte Tage gäbe, aber auch viele gute, dass sehr viel gegen die Nebenwirkungen getan würde und es machbar wäre. Mehr Zeit hatten wir nicht, aber ich hörte in dem Moment einen Stein dieser Frau plumpsen, sie schien für den Augenblick beruhigt. Ich denke, ich konnte ihr in dem kurzen Moment ein Fünkchen Mut und Hoffnung geben. Das war ein schönes Gefühl. Nicht jede an Brustkrebs erkrankte Frau möchte sich einer Selbsthilfegruppe anschließen. Entweder gibt es keine oder wenige Angebote oder aber die Frauen befürchten, dass die Gespräche um das Thema Krebs sie emotional runterziehen und sie die „Last“ anderer erkrankter Frauen nicht mittragen möchten. Das ist auch völlig o.k. so. Aber auch sie wollen aufgefangen werden. Möglicherweise ist meine Begleitung für diese Frauen eine gute Alternative. Aus alledem ist die Idee entstanden, dass ich anderen betroffenen Frauen als ihre ganz persönliche Begleiterin zur Seite stehe, ihnen den Funken Mut und Hoffnung gebe, den sie so dringend brauchen, aber auch ganz praktische hilfreiche Tipps, um gut und vor allem aktiv durch die Behandlung zu kommen. Und das entweder in persönlichen Gesprächen oder auch in meinem Blog. Inwieweit hat dir das, was du jetzt tust/anbietest, bei einer eigenen Brustkrebserkrankung geholfen? Ich habe mir damals meinen persönlichen „Werkzeugkoffer“ für die Zeit der Behandlung und auch danach zusammengestellt. Wenn es mir nicht gut ging/geht, überlege ich mir, was ICH tun kann: Atmen, Beten, Meditieren, Tagebuch schreiben, ein Bad nehmen, einen Spaziergang machen, mit jemanden sprechen,... Ich suche immer nach einer Lösung oder einem Weg, der mein Wohlbefinden steigert. Das alles kommt in den Werkzeugkoffer. Ein gutes und sicheres Gefühl mit dem Werkzeugkoffer zu haben, ist mir dabei wichtig. Darauf kann ich, wenn es brenzlig wird, zurückgreifen. Das kann Ängste lindern. Dieses Werkzeug gebe ich gerne weiter. Du bietest auf deiner Homepage unter anderem eine Zusammenfassung des PINK! Kongresses an. Wie kamst du auf PINK! und hättest du gerne während deiner Erkrankung selbst jemanden wie PINK! an deiner Seite gehabt? Ich verfolge die Arbeit von PINK! auf den Social-Media-Kanälen schon länger. Es ist großartig, mit welch großem Engagement ihr euch für Frauen mit Brustkrebs einsetzt, vor allem medizinisch und wissenschaftlich fundiert, und was ihr in der relativ kurzen Zeit, in der es euch gibt, auf die Beine gestellt habt. Sei es die App PINK! Coach, die Patientinnen kostenlos als Begleiter während der Therapie und in der Nachsorge zur Verfügung steht, oder auch der Kongress. Beim Kongress gab es so viele Information und Vorträge, dass es einem schon ganz schwummerig wurde. Deshalb habe ich eine kleine Zusammenfassung von den Themen des Kongresses gemacht, die ich persönlich sehr interessant finde, nämlich die insbesondere Lebensstilfaktoren betreffen. Natürlich hätte ich 2013, als ich die Diagnose bekam, gerne solch eine Unterstützung durch gut aufbereitetes und fundiertes Wissen zum Thema Brustkrebs bekommen und darauf zurückgreifen wollen. Eine App gab es damals nicht. Die meisten betroffenen Frauen beginnen sofort nach der Diagnose, alles zum Thema Brustkrebs zu googlen, was ja auch verständlich ist. Das habe ich auch gemacht. Aber häufig ist es gar nicht so leicht, auf Anhieb wirklich gute und hilfreiche Informationen im Netz zu finden. Vor allem die Beiträge in Krebsforen haben mich mehr erschreckt, als sie mir genutzt hätten. Dann ist es sehr hilfreich, wenn betroffene Frauen ganz schnell auf die Seite von PINK! geraten, sie alles aus einer Hand zum Thema Brustkrebs erfahren und zum Beispiel mit Hilfe der App PINK! Coach einen Fahrplan durch die Behandlung erhalten. Ich habe mir vieles von dem, was heute zu Themen wie Ernährung, Bewegung und Entspannung bekannt ist, noch selbst „erarbeiten“ müssen (was mir aber auch Spaß macht). Welche Rolle spielt deiner Meinung nach Aufklärung im Zusammenhang mit der Brustkrebserkrankung? Aufklärung ist immer gut. Je mehr wir wissen und uns informieren, desto bessere Entscheidungen können wir treffen. Nicht nur für die Behandlung, sondern auch für unser Leben. Das macht uns stark statt ohnmächtig. Das betrifft sowohl das Bewusstsein für das regelmäßige Abtasten der Brust und der Gang zu den Vorsorgeuntersuchungen, als auch eine gute Selbstfürsorge, zu der für mich auch eine bunte Ernährung und regelmäßige Bewegung gehört, aber auch, immer wieder Ruheinseln für sich zu schaffen und gute soziale Kontakte zu haben. Lebensstilfaktoren sind nicht zu unterschätzen und gehören für mich genauso in die Aufklärung zur Krebsprävention und zur Senkung des Rezidiv-Risikos. Und wie schätzt du selbst als ehemalige Patientin die aktuelle Lage ein, wenn es um diese Aufklärung geht? Inzwischen gibt es schon sehr viel medizinische Aufklärung im Zusammenhang mit Brustkrebs, auch weil auf diesem Gebiet unermüdlich geforscht wird und das Thema in der Gesellschaft bei den vielen jährlich neu erkrankten Frauen sehr präsent ist. Nicht zuletzt, weil sich auch viele betroffene Frauen aus der Öffentlichkeit zeigen und auf die/ihre Erkrankung Brustkrebs aufmerksam machen. Ich persönlich würde mir wünschen, dass Lebensstilfaktoren noch viel stärker in die Aufklärung mit eingebunden würden, weil der Lebensstil etwas ist, das jede Frau selbst in der Hand hat und ihre Gesundheit und Wohlbefinden damit aktiv unterstützen kann. Was würdest du dir für die Zukunft für an Brustkrebs erkrankten Frauen wünschen, was soll/muss sich ändern? Zum einen würde ich mir wünschen, dass für jede an Brustkrebs erkrankte Frau – wenn sie es denn möchte – eine Brustkrebslotsin oder Begleitung an ihrer Seite stünde. Und dass es dieses Angebot ganz unkompliziert und ohne große Bürokratie über die Brustzentren, Kliniken, Krankenkassen oder auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte gäbe. Vielleicht ähnlich, wie Hebammen schwangere Frauen begleiten, was inzwischen auch selbstverständlich geworden ist. Zum anderen würde ich mir wünschen, dass die Schulmedizin noch viel mehr auf Lebensstilfaktoren wie Ernährung, Bewegung und Entspannung eingeht und komplementäre Behandlungen wohlwollend betrachtet und in die Therapie mit einbezieht. Ich glaube, es tut jeder Frau gut zu wissen, wie viel wir selbst für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden tun können. Aber auch zu wissen, dass wir von einem Sicherheitsnetz umgeben sind, gerade wenn es uns nicht gut geht. Welchen Rat möchtest du Betroffenen noch mitgeben? Auch, wenn es für euch in diesem Augenblick so viele Schattenmomente gibt: Schatten wird von Licht gemacht. Es wird also auch wieder viele lichte Momente geben. Stellt euch euer „Unterstützer-Team“ zusammen, das aus Familie, Freunden, Ärztinnen/Ärzten und Therapeuten besteht, denen ihr vertraut und die an eurer Seite stehen, mit euch an einem Strang ziehen und euch anfeuern und Mut machen. Ihr müsst die Erkrankung nicht allein durchstehen. Holt euch Hilfe! Und denkt dran: Wir alle haben einen inneren Arzt und Selbstheilungskräfte in uns. Denen wollen wir einen ordentlichen Schubs geben! https://www.pink-brustkrebs.de/magazin/interview-brustkrebslotsin-diana-neumann |