Als Podcast zu hören. Klick mal hier Als mir die Ärztin zur Chemo riet, galt mein erster Gedanke sofort meinen Haaren. Mir war klar, dass sie ausfallen würden. Das war für mich die Horror Vorstellung schlechthin. Das schien mir schlimmer als Übelkeit. Eine Frau mit Glatze wirkt so, als wenn sie entweder eine eigensinnige Person ist und der Welt etwas damit zeigen will oder aber sie wird von der Umwelt als krank wahrgenommen - krebskrank. Ich möchte dir gerne zeigen, in welcher Phase du dich gut auf den Moment vorbereitest, wenn du deine Haare verlierst. 1. Phase: Du wirst von der Ärztin oder Arzt deiner behandelnden Praxis, Brustzentrum oder sonstigen Krankenhaus ein Rezept für eine Perücke bekommen. Viele sagen statt Perücke auch Zweithaar. Egal wie du es nennst. Zum Glück gibt sie. Oder denkst du jetzt etwa an deine Oma, die mit ihrem Fifi auf dem Kopf aussah, als hätte sie einen Helm auf? Total unnatürlich? Die Zeiten, wo das noch so war, kannst du getrost vergessen. Es gibt richtig schicke Teile und den meisten Menschen wird gar nicht in den Sinn kommen, dass du eine trägst. Deine Krankenkasse bezuschusst eine Perücke. Wieviel hängt von deiner Krankenkasse ab. In der Regel sind das bei den Ersatzkassen 404,60 €. Die AOK und einige Betriebskrankenkassen zahlen weniger. Da erkundigst du dich am besten bei deiner Krankenkasse. Mit dem Rezept gehst du dann in einen speziellen Perückenladen. Da brauchst du wirklich keine Hemmungen haben. Dort arbeiten total emphatische und verständnisvolle Friseurinnen, die tagtäglich damit zu tun haben. Mach das zeitnah. Möglichst nachdem du die Diagnose bekommen hast, auf jeden Fall vor Beginn der Chemo. Jetzt hast du noch den Nerv und die Kraft. Und du bist auf das, was kommt, gut vorbereitet. Außerdem sieht die Friseurin dich mit deiner aktuellen Frisur, deiner Haarfarbe und Haarstruktur und kann ein Modell aussuchen, das gut zu dir passt. Die haben wirklich ein Auge dafür. Bei mir war’s schon die zweite Perücke, die ich probiert habe. Nimm dir ruhig eine Freundin oder Mutter oder Tochter mit, wenn sie alt genug ist. Echthaar oder Kunsthaar? Bei den Perücken gibt es natürlich einige Möglichkeiten. Es kommt darauf an, ob du Echthaar oder Kunsthaar haben möchtest. Das ist natürlich eine preisliche Frage. Bei den Kunsthaar Perücken kannst du schon für um die 350,- / 400,- Euro - was Schönes bekommen. Die Echthaar Perücken sind weit teurer. Da musst du mindestens mit 1000,- / 1300,- Euro rechnen. Wenn es langes Haar ist, dann noch mehr. Ich würde sagen, die meisten Frauen nehmen eine Kunsthaar Perücke. Die sind schon so gut gearbeitet, dass es auf Anhieb nicht auffällt, dass es Kunsthaar ist. Sie ist auch leichter zu pflegen. Der Nachteil ist, dass sie nicht ewig hält, sondern nur einige Monate. Es passiert dann leicht, dass sich Knoten bilden und die Perücke dann nicht mehr so schön aussieht. Während meiner Chemo habe ich eine einzige Frau getroffen, die eine Echthaar Perücke trug. Sie hatte lange braune Haare und wollte, dass die Haare genauso aussehen. Dafür hat sie 2000,- Euro bezahlt. Lass dir Perücken zeigen, die leicht sind und die so gearbeitet sind, dass deine Kopfhaut durchscheint. Das sieht dann total natürlich aus. Ich hatte auch am Haaransatz ein Silikonband, aus denen dann das Haar spross. So sah das auch nach einem total natürlichem Haaransatz aus. Vor allem wenn der Wind dir ins Haar pustet. Spare nicht am Pflegemittel. Du brauchst für deine Perücke ein spezielles Shampoo. Aber das zeigt dir die Friseurin dann schon. So wie du dein echtes Haar wäschst, solltest du dein Ersatzhaar genauso pflegen. Ich habe es einmal die Woche gewaschen. Wie das echte Haar, soll auch die Perücke schön frisch sein. Das ist ziemlich einfach. Du brauchst die Perücke nur ins Waschbecken mit lauwarmen Wasser und dem Shampoo einige Minuten legen und danach einfach ausschütteln. Die Frisur sitzt perfekt. Lege dir ruhig einen Perücken Ständer zu. Da kannst du deine Perücke nach dem Waschen drauf tun und wenn du sie nicht trägst. Mützen und Tücher Besorge dir auch ein paar Mützen und Tücher. Du wirst nicht ständig die Perücke tragen wollen. Nach ein paar Stunden auf dem Kopf nervt die ganz schön. Es drückt und wird warm darunter. Da sind Mützen und Tücher - vielleicht unterschiedliche und mit verschiedenen Farben - sehr praktisch. Auch nachts. Du wirst nachts eine Mütze tragen wollen. Du glaubst ja nicht, wie kalt es am Kopf ohne Haare werden kann. Da am besten etwas leichtes aus Baumwolle. Was ich dir auch empfehlen möchte, ist ein Haarkranz. Das ist ein Haarteil, wo die Mitte ausgespart ist. So ein bisschen wie früher bei den Mönchen die Tonsur. Diesen Haarkranz trägst du natürlich mit einem Tuch oder einer Mütze. Das fühlt sich leichter an und bringt mal etwas Abwechslung in dein Aussehen. Es sieht keck aus, wenn Haare unter der Mütze oder dem Tuch hervorlugen. Viele Frauen schneiden sich vor Beginn der Chemo die Haare kurz. Damit wenn die Haare ausgehen, es nicht so krass ist. Das ist eine Frage deines Gefühls. Wenn du dich damit wohl fühlst, dann mach es. Manche Frauen lassen sich jetzt auch eine total verrückte Frisur schneiden. Denn jetzt können sie ja was ausprobieren, was sie sonst nie machen würden. Ich hatte schon damals als Frisur einen Bob und habe meine Haare auf Kinnlänge schneiden lassen. 2. Phase: die Haare gehen aus Wenn du die erste Chemo bekommen hast, dann wird es ungefähr nochmal 2-3 Wochen dauern bis die Haare ausgehen. Die Tage vorher merkst du schon, dass deine Haare anders sind als sonst. Sie sind stumpf und wirken schon etwas leblos. Bei mir waren es genau 16 Tage nach der ersten Chemo. In der Regel wirst du bemerken, dass entweder ziemlich viele Haare auf deinem Kopfkissen sind oder dass du bei der Haarwäsche oder beim Kämmen mehr Haare als sonst verlierst. Das ist jetzt der Moment, wo du dich leider von deinen Haaren verabschieden solltest. Du willst nicht, dass überall in der Wohnung oder im Haus deine Haare herumfliegen und möchtest dir auch nicht ins Haar oder an den Kopf fassen und einen Büschel Haare in der Hand haben. Du kannst jetzt 3 Dinge tun:
Bei mir haben es meine Kinder gemacht. Die waren damals Teenager. Ich habe mich in die trockene Badewanne gesetzt und jeder durfte mal mit dem Scherer über meinen Kopf fahren. Das ist jetzt ein sehr emotionaler Moment und du wirst Tränen vergießen. Weine ruhig. Jetzt einen Trost zu finden ist schwierig. Den einzigen Trost, den ich dir mit auf den Weg geben kann ist: das ist nicht für immer. Das sind nur einige Monate, wo du ohne deine eigenen Haare bist. Und du wirst dich schnell daran gewöhnen. Du wirst irgendwann denken, boah, wie schnell ich morgens fertig bin. Kopf gewaschen, einmal mit Handtuch drüber rubbeln und Perücke auf - fertig. Und immer top gestylt. Die Frisur sitzt. Ach und apropos Kopf waschen: achte darauf, dass du - auch wenn du keine Haare hast - deinen Kopf mit einem milden Shampoo, vielleicht auch einen Baby Shampoo zu waschen. Die Kopfhaut kann während der Chemo sehr empfindlich sein. Wenn es dir angenehm ist, dann kannst du dir auch eine Baby Bürste besorgen und damit über deinen Kopf gehen. Und was ist mit Körperhaaren? Natürlich verlierst du nicht nur deine Kopfhaare, sondern auch alle anderen Körperhaare. Unter den Achseln, Schamhaare, Gesichtshaare, auf den Armen und Beinen, was ja nicht das Schlechteste ist. Brauchst du dann nicht mehr rasieren. Du verlierst aber auch Haare an Stellen, wo du überhaupt nicht dran denkst, dass da Haare sind. Zum Beispiel Nasenhaare. Und das spürst du auch. Die Nase ist sehr viel empfindlicher. Und natürlich auch die Augenbrauen. Die Augenbrauen habe ich relativ spät verloren. Erst in der zweiten Hälfte der Chemo als ich das Taxol bekam. Da ist es wichtig, dass du dich schön schminkst, damit du nicht so fad aussiehst. Dazu erzähle ich dir ein anderes Mal mehr. 3. Phase: die Haare wachsen wieder Vielleicht fragst du dich: Wann wachsen denn die Haare wieder? Wenn du deine letzte Chemo hattest, fängt der Körper sofort an, zu regenerieren. Auch wenn du das noch nicht so spürst. Wann du die ersten Härchen entdeckst ist von Frau zu Frau sehr unterschiedlich. Bei einigen wachsen sie schon recht zeitnah nach der letzten Chemo, bei anderen dauert es etwas länger. Ich kann von mir sagen, dass ich im Dezember die letzte Chemo hatte. Während der Bestrahlung im Januar/Februar trug ich noch Perücke. Dann bin ich im März zur Anschluss-Heilbehandlung gefahren und habe dort keine Perücke mehr getragen, sondern bin mit meinen Stoppel Frisur gegangen. Das hat mir überhaupt nichts mehr ausgemacht. Hatte aber draußen noch Mütze getragen. Im Sommer trug ich dann einen schicken Kurz Haarschnitt. 2 tolle Momente Es gibt zwei tolle Momente, auf die du dich schon jetzt freuen kannst: Ein ganz toller Moment ist, wenn du entdeckst, dass deine Wimpern wieder anfangen, zu wachsen. Das ist wie Geburtstag, Weihnachten und Ostern zusammen. Ich schaute im Februar in den Spiegel und dachte, hä? Was hast du denn am Auge? Da ist ja so was Schwarzes…. Tata!! Das waren die Wimpern, die da durchkamen. Wenn du das siehst, dann weißt du spätestens jetzt, das Leben kommt zurück. Der zweite tolle Moment ist, wenn du das erste Mal wieder zum Friseur gehst, zum Beispiel um die Konturen nachschneiden zu lassen. Verändern sich die Haare nach der Chemo? Wenn deine Haare wachsen, dann kann es sein, dass sie erstmal anders sind. Oft bekommt man dann Locken - die sogenannten Chemo-Locken. Das Haar ist dann häufig gewellt. Das ist anfangs komisch, wenn du sonst glattes Haar hattest. Du kannst auch erstmal eine andere Haarfarbe haben. Oft wachsen die Haare dunkler nach als sie es vorher waren. Nach einiger Zeit und wenn die Haare länger geworden sind, verliert sich das wieder und die Haare sind so wie sie mal waren. Viele Frauen entdecken dann, wie praktisch kurze Haare sind und wie gut es ihnen steht und bleiben dann dabei. So schmerzhaft der Haarverlust ist, denke immer daran:
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